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Elias Borchert

  • Writer: drh leipzig
    drh leipzig
  • Mar 30, 2017
  • 4 min read

Fußballtrainer beim Roten Stern Leipzig e.V.


Reporter: Seit wann trainieren Sie Gruppen bzw. im Verein?


Borchert: Seit 16 Jahren.


Reporter: Seit wann trainieren Sie Zuwanderer?


Borchert: Zuwanderer im allgemein seit zwei Jahren, ich habe aber vorher schon während meines Studiums in einem Verein Mannschaften trainiert, wo wir immer einen hohen Migrationsanteil hatten, teilweise zwischen 60 und 80 %.


Reporter: Und macht es Ihnen Spaß?


Borchert: Ja.


Reporter: Denken Sie, dass Zuwanderer in Ihrer Gruppe Probleme mit der Sprache oder mit der Kommunikation haben ?


Borchert: Ja, auf jeden Fall, das ist teilweise sprachlich, aber auch kulturell bedingt. Da gibt es auch eine witzige Anekdote dazu. Als wir mal mit dem Training angefangen haben, gab es einen Spieler aus Marokko, der gerne zum Training kommen wollte und ich hab ihm meine Trainingszeiten aufgeschrieben und hab ihm gesagt, er soll um fünf Uhr kommen, natürlich war nachmittags gemeint, weil es aber in den nordafrikanischen Staaten nachmittags so warm ist, trainieren sie oft sehr früh, das heißt, er war dann 5:00 Uhr Früh da und hat dann bis um 8:00 Uhr gewartet, bis unserer Platzwart kam und gefragt hat, wo denn Elias sei und wann das Training stattfindet. Es ist somit relativ schwierig mit der Kommunikation, grad am Anfang. Das Gute ist, sobald man eine gewisse Schwelle überschritten hat, und etwa 4 bis 5 regelmäßig dabei sind, die auch sprachlich immer besser werden, helfen gerne bei der Verständigung und ab da wurde es deutlich einfacher.

Reporter: Wie helfen Sie ihnen persönlich, mit diesen Problemen klarzukommen?


Borchert: Was die Sprache betrifft, hilft es, wenn sie nicht nur mit Flüchtlingen zu tun haben, sondern auch mit unseren deutschen Vereinsmitgliedern, weil sie dann deutsch hören und teilweise gezwungen sind auch deutsch zu sprechen. Das motiviert sie Deutsch zu lernen und hilft auf jeden Fall, auch um soziale Kontakte zu knüpfen. Was wir auch eine Zeit lang versucht haben ist, ein Unterstützerkreis für Flüchtlinge. Wir sind ein relativ großer Verein mit über tausend Mitgliedern. Wir haben so eine Art Betreuungsangebot aufgestellt, wo sich zum Beispiel Leute gefunden haben, die mit den Flüchtlingen zu Behörden gehen. Wir haben viele soziale Leute hier, die den Flüchtlingen geholfen haben Formulare auszufüllen. Wir haben auch versucht Ausbildungsstellen für die Flüchtlinge zu finden und mehr Sportarten anzubieten.



Reporter: Also denken Sie, dass Sport ihnen hilft sich zu integrieren?


Borchert: Das hoffe ich sehr.


Reporter: Welche Tipps können Sie Zuwanderern geben, die gerade nach Deutschland gekommen sind?


Borchert: Das ist eine sehr gute Frage, sie sollten bemüht sein, möglichst viele Kontakte zu knüpfen. Die größten Probleme, die wir immer wieder sehen, sind, wenn sie z.B. in Massenunterkünften untergebracht sind, so dass sie den ganzen Tag nur mit ihren Landsleuten in ihrer Muttersprache reden. Sie müssen eine bestimmte Bereitschaft haben, sich zu integrieren, offen zu sein und auf Deutsche zugehen und versuchen neue Kontakte zu knüpfen.

Persönliche Fragen



Reporter: Seit wann spielen Sie Fußball?


Borchert: Seit ich 4 bin spiele ich Fußball.


Reporter: Und warum genau diese Sportart?


Borchert: Da wo ich herkomme, gab es nur Fußball.


Reporter: Und wollten Sie das auch zu ihrem Beruf machen?


Borchert: Nein. Ich habe Psychologie studiert. Ich habe aber gemerkt, dass die Sachen, die ich im Studium gelernt habe, sehr gut im täglichen Training mit den Kindern anwenden kann.


Reporter: Hatten Sie es geplant, auch mit Flüchtlingen zu arbeiten?


Borchert: Der Rote Stern Leipzig e.V. möchte ein offener Verein sein, es war aber nicht geplant dies im Speziellen zu erweitern. Wir versuchen aber den Zuwanderern so weit wie möglich zu helfen.


Reporter: Finden Sie das „Projekt“ erfolgreich?


Borchert: Ja, das auf jeden Fall. Wir haben nur mit einem freien Spielertreff angefangen und mittlerweile ist daraus eine vierte Mannschaft entstanden. Sie sind alle sehr dankbar und wollen dem Verein viel zurückgeben.


Reporter: Was denken Sie, wäre ein Erfolg für die Zuwanderer?


Borchert: Sie müssen genau so viel machen wie die anderen und haben somit auch die gleichen Rechte und Pflichten. Ich glaube, dass der größte Erfolg wäre, wenn sie nicht als „Flüchtlinge“ gesehen und behandelt werden, sondern wie ein ganz normaler Spieler. Ich denke, dass Ihnen das ein Gefühl der Wertschätzung geben würde.


Reporter: Mit welchen Problemen haben die Zuwanderer zu kämpfen?


Borchert: Das ist gar nicht so einfach, weil man nicht so viel mitbekommt. Ich hatte kürzlich das Problem in meiner Jugendmannschaft, dass 3 Flüchtlinge in den vergangenen 2-3 Monaten unregelmäßig zum Training gekommen sind. Ich bin davon ausgegangen, dass sie, weil das Wetter schlecht war und kalt, keine Lust zum Trainieren haben. Dann habe ich ein Gespräch mit ihnen geführt und gesagt, dass wir sehr viele Spieler sind und sie zum Training kommen müssen weil sie sonst nicht spielen können. Sie haben mir dann erzählt, dass die Flüchtlingslager umstrukturiert werden und sie in den letzten drei Monaten 1-2 Mal umgezogen sind, darum hatten sie nie Zeit oder die Möglichkeit zu kommen.

In Mühlhausen hatte ich auch zwei Spieler in meiner Mannschaft. Dort hatten wir eine Aufnahmestation für Minderjährige, die keinen Vormund haben. Die haben 2-3 Monate mittrainiert. Da wir nur ein gewisses Kontingent hatten, sollten sie ins Erzgebirge oder so verteilt werden. Wir haben Druck gemacht, dass sie ihren Vormund ausfindig machen, damit sie in Leipzig bleiben dürfen. Ich habe zwei Afghanen in der A-Jugend, die unsere E-Jugend mit trainiert haben. Aber auch zur Unterstützung wegen ihrer Anhörung zur Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung. Sie halfen ehrenamtlich deren Ausbildung zu organisieren, und ihnen diese in ihrem Umfeld zu ermöglichen. Da wir auch zu deren Umfeld gehören, haben wir versucht bei der Wohnungs- und Jobsuche und bei Rechtsberatung zu helfen. Viele wissen nicht, dass, wenn man 3 Monate in Deutschland lebt, ein Recht hat, eine Wohnung zu haben. Das wird vielen nicht gesagt. Da versuchen wir sehr aktiv zu helfen.


Reporter: Wie reagieren die Deutschen auf die Situation mit den Flüchtlingen?


Borchert: Eigentlich ganz gut. In unserer Gruppe sind die Ältesten, wo die Spieler über 13 Jahre alt sind. In diesem Alter haben die Kinder schon ihre eigene Meinung. Alle scheinen dafür offen und es auch positiv zu sehen. Bisher hat sich noch keiner negativ dazu geäußert. Bei den Kinder und Jugendlichen funktioniert es, dass sie durch Fußball Freundschaften schließen und etwas gemeinsam machen. Es werden auch klare Grenzen gesetzt, damit keiner bevorzugt wird. Um trainieren zu können, muss man auch die entsprechende Leistung erbringen.



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